Emotionsfokussierte Paartherapie – EFT

Die Liebe wiederfinden

„Die neue Wissenschaft der Liebe“ – so wird die Emotionsfokussierte Paartherapie (kurz EFT) der kanadischen Psychologin Dr. Susan Johnson auch genannt. Die generelle Wirksamkeit von EFT und vor allem auch ihre (im Vergleich zu anderen Methoden) sehr gute Nachhaltigkeit wird seit Anfang der 1980er Jahre in zahlreichen wissenschaftlichen Studien mehrfach bestätigt. Weltweit wenden heute immer mehr Therapeuten diese Methode erfolgreich an.

Für ihr Lebenswerk wurde Sue Johnson 2017 mit dem „Order of Canada“ geehrt. Das ist in Kanada die höchst mögliche Auszeichnung für Menschen, die etwas Besonderes für die Gesellschaft geleistet haben. Die American Psychological Association (APA) verlieh ihr 2016 den Forschungs-Preis „Psychologist of the Year“ für ihren herausragenden Beitrag im Bereich der Paar- und Familientherapie.

EFT fokussiert auf die Wiederherstellung einer liebevollen Verbindung zwischen den Partnern, sie stärkt die Offenheit und das Verständnis füreinander und hilft beiden, alte (meist wechselseitige emotionale) Verletzungen zu heilen.

EFT basiert konsequent auf den Erkenntnissen der Bindungstheorie und integriert psychodynamische und systemische Ansätze.

Susan Johnson gab 2008 dem holländischen Journalisten Jorn Hövels (Redakteur der Zeitschrift „Psy“) ein Interview. Es zeigt EFT so lebendig, dass ich es hier fast vollständig wiedergebe:

Was macht EFT außergewöhnlich?

EFT ist die einzige Paartherapie auf der Grundlage der Bindungstheorie des britischen Psychiaters John Bowlby (1907-1990). Bowlby ging davon aus, dass eine sichere Bindung zwischen Mutter und Kind ausschlaggebend ist für eine gesunde emotionale Entwicklung von Kindern. Der Ausgangspunkt der EFT ist, dass auch Erwachsene für ihr psychisches Wohlbefinden eine sichere Bindung brauchen. Kinder sind auf Aufmerksamkeit, Trost und Schutz von ihren Eltern angewiesen. Erwachsene sind an den Partner gebunden und abhängig von ihm. Beziehungen zwischen Erwachsenen sind gleichwertiger, aber die Art des emotionalen Bandes vergleichbar.

Woher weiß man, dass wir sichere Bindungen brauchen?

Es gibt zum Beispiel wissenschaftliche Forschungen über die psychische Verfassung von israelischen Soldaten, die aus dem Kriegsgebiet zurückkehrten. Die Soldaten mit den sichersten Bindungen, litten am wenigsten unter Posttraumatischer Belastungsstörung. Sie erzählten, dass sie sich an der Front täglich vorstellten, in Kontakt zu sein mit ihrer Frau: wie sie miteinander sprachen, wie sie einander berührten. Starke Bindungsbeziehungen sind ein sicherer Hafen: Schon der Gedanke an geliebte Menschen bringt uns zur Ruhe. Menschen mit starken Bindungsbeziehungen können das Leben besser bewältigen. Am schlimmsten ist es, mit jemand zusammen zu leben, den man liebt, zu dem man aber keinen Kontakt bekommt. …

Was bedeutet das für die Therapie?

Durch EFT lernen die Partner zu verstehen, dass sie emotional verbunden und abhängig voneinander sind, und dass sie sich nicht mehr geborgen fühlen, wenn sie die Bindung zum Partner verlieren. Wenn ein Partner emotional nicht erreichbar ist, führt das zu Wut, Trauer, Schmerz und vor allem Angst. Die Angst fühlen Partner in einem Streit oder einer Meinungsverschiedenheit. Wenn Sie eine sichere Bindung haben, dann erleben sie das als kurzfristiges Beziehungstief. Aber Partner mit weniger starker Bindung werden schnell überwältigt durch eine „Urangst“. Aus evolutionärer Sicht ist das logisch. Wenn die sichere Verbundenheit unterbrochen wird, dann verringern sich die Überlebenschancen.

Und dann entsteht ein andauernder Beziehungskonflikt?

Die Partner beginnen dann entweder, Forderungen zu stellen und sich anzuklammern, um Bestätigung zu erhalten, oder sie ziehen sich zurück, um sich vor der Angst zu schützen. Je länger die Partner einen Mangel an Bindung erleben, desto stärker werden sie von den Teufelskreisen der negativen Interaktionen, welche ich „Teufelsdialoge“ nenne, mitgerissen. Die Teufelsdialoge sind Schutzstrategien, die sich äußern in sich Anklammern, Drohen oder Distanzierung. Sie verringern kurzfristig die Angst, aber die Distanz zwischen den beiden Partner wird schließlich so groß, dass sich keiner der beiden Partner in der Beziehung noch sicher und geborgen fühlen kann.

Sie unterscheiden drei Teufelsdialoge, welche sind das?

1. Such‘ den Bösewicht

Hier geht es um Selbstschutz. Ein Partner fühlt sich kritisiert oder verletzt und geht in die Defensive. Die Partner beschuldigen und verurteilen sich dann gegenseitig und versuchen so, die Kontrolle über die Kränkung ihrer verletzten Gefühle wiederzuerlangen.

2. Protest-Polka

Hierbei protestiert ein Partner gegen den Mangel an Verbundenheit. Der andere zieht sich dann zurück, er oder sie drückt seinen Unmut durch Schweigen aus. Paare, die die Protest-Polka tanzen, klagen oft über Kommunikationsprobleme und ständige Spannungen. Wenn der kritische Partner den Versuch, die Aufmerksamkeit des Anderen zu erlangen, aufgibt – die Protestpolka ist dann offensichtlich missglückt – gerät die Beziehung in den dritten Teufelskreis:

3. Erstarren und Fliehen

Der kritische Partner wendet sich ab und die Partner können nur noch distanziert miteinander umgehen.

Der EFT Therapeut hilft dem Paar dabei diese Teufelsdialoge zu verstehen und zu durchbrechen.

Ein ordentlicher Streit kann doch manchmal klärend sein?

Im Kern sind die Teufelsdialoge ein Hilferuf. Die meisten Beziehungsprobleme entstehen nicht, weil der Partner zu spät nach Hause kommt, die Zahnpastatube nicht zudreht oder das Geschirr nicht abwäscht. Die Streits gehen in Wirklichkeit über den Mangel an Aufmerksamkeit, Vertrauen, Respekt, Anerkennung und Verständnis. In den Teufelsdialogen sagen die Partner zueinander: Ich habe Angst, dich zu verlieren, ich lasse mich nicht von dir verletzen, ich will mehr Aufmerksamkeit, ich will, dass du für mich da bist.

Haben Sie ein Beispiel aus Ihrer Behandlungspraxis?

Ein Klient erzählte mir, dass Beziehungsprobleme in seiner Ehe immer auftraten, wenn seine Frau die drohende Warnung aussprach, dass die To-do-Liste auf dem Kühlschrank jetzt doch wohl ziemlich lang wäre. In diesen Momenten fühlte er Widerstand und seine Schutzmauer wurde wie von selbst hochgezogen. Wenn er aus Verzweiflung versuchte, die Liste in einem Wochenende abzuarbeiten, blieb die positive Wirkung auf die Beziehung immer aus. In der folgenden Sitzung fragte ich seine Frau, mir ehrlich zu erzählen, wie sie sich fühlte, wenn sie ihn auf die lange To-Do-Liste hinwies. Sie gab zu, dass es ihr eigentlich nicht darum ging, dass die Aufgaben erledigt werden. Je einsamer sie sich fühlte, desto mehr Aufgaben setzte sie auf die To-Do-Liste. Ihr Mann war total überrascht: „Habe ich in all‘ den Jahren die Liste für nichts und wieder nichts abgearbeitet?“ Eigentlich hatte seine Frau das Gefühl, die Verbindung zu ihrem Mann zu verlieren. Mit den Listen stellte sie ihn auf die Probe: War er für sie da? Aber abgearbeitete Listen sind keine Medizin gegen eine schlechte Beziehung.

Partner erwarten doch auch manchmal wirklich etwas voneinander: mehr Initiative, ein Partner, der nicht raucht oder trinkt, oder mehr Sex?

Viele Frauen denken, dass Männer vor allem interessiert sind an einem Orgasmus. Für die meisten Männer ist Sex vor allem eine Möglichkeit, Kontakt zu haben. Ich will hiermit sagen: Natürlich gibt es schwer überbrückbare Differenzen zwischen Partnern, aber oft machen Partner die Unterschiede größer als sie sind. Wenn Partner einander ehrlich sagen, was sie brauchen, dann können sie lernen mit ihren Differenzen umzugehen. Der Andere kann dann sagen, welche Erwartungen er erfüllen kann. Wenn die Partner hier in aller Offenheit drüber sprechen, dann verfangen sie sich nicht in den Teufelsdialogen.

Wie unterscheidet sich EFT von anderen Paartherapien?

Die meisten Paartherapien basieren auf der kognitiven Verhaltenstherapie. Dabei lernen die Partner Kommunikationstechniken, um besser miteinander umgehen zu können. Das hilft durchaus, aber die Rückfallquote ist hoch. Nach einiger Zeit tritt der Beziehungsstress wieder zutage. Kommunikationstechniken können Menschen dabei helfen, mit Kollegen oder Freunden besser umzugehen, aber in Liebesbeziehungen greifen sie nicht. Interaktionen in Liebesbeziehungen haben nämlich einen ungeheuren Einfluss auf das Gefühlsleben beider Partner. Es steht ja sehr viel auf dem Spiel: Die Bindung aneinander und damit aus evolutionärer Sicht die Überlebenschancen. Die Standardansätze der meisten Therapien gehen nicht ein auf die Sehnsucht nach sicherer emotionaler Verbundenheit oder den drohenden Verlust ebendieser. Sie bringen den Partnern nicht bei, wie sie die Verbindung herstellen und bewahren können.

Warum gelingt dies mit EFT?

Partner lernen in den Gesprächen, nicht den Anderen, sondern die Teufelsdialoge als gemeinsamen Feind zu betrachten. Die Behandlung hat Wirkung, weil Schlüsselemotionen angesprochen werden. Das Wort Emotion kommt vom lateinischen Wort „emovere“, das „bewegen“ bedeutet. Wir fühlen uns bewegt, wenn diejenigen, die wir am meisten lieben, ihre tiefsten Gefühle zeigen. Wenn die Partner ihre Emotionen dem anderen gegenüber ausdrücken, dann entwickeln sie neue Reaktionsweisen und brechen aus dem Teufelskreis aus. …

Quelle (leicht modifiziert und ergänzt):

 

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